Mikrobiologie / Infektionsserologie

Bedeutung in der Schwangerschaft

Bedeutung in der Schwangerschaft
Infektionskrankheiten haben schon immer eine besondere Bedeutung für den Menschen gehabt. Bei einer infektiologischen Abklärung während einer Schwangerschaft müssen sowohl die Belange der Mutter einerseits als auch die des ungeborenen Kindes berücksichtigt werden. In der Gynäkologie sind daher besonders die prä- und perinatal übertragbaren Erkrankungen wichtig. Ein klassisches Beispiel sind Röteln während der Schwangerschaft, sie haben uns schon viele Jahrzehnte begleitet und das Bewusstsein geschärft, dass bestimmte Infektionskrankheiten bei Schwangeren besonderer Beachtung bedürfen. Die gesammelten Erfahrungen führten unter anderem zu präventiven Maßnahmen wie forcierter Aufklärung, Impfprogrammen und Screeninguntersuchungen, die entweder in der Mutterschaftsrichtlinie festgelegt und/oder von den entsprechenden Fachgesellschaften (z.B. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe) empfohlen werden. So hat z.B. das konsequente Vorgehen gegen das Rötelnvirus in Deutschland das Vorkommen der gefürchteten Rötelnembryopathie erheblich zurück gedrängt. Aber auch andere Infektionskrankheiten sind für die Schwangerschaft relevant. Da zum einen nicht alle Erkrankungen durch Impfungen verhindert werden können und zum anderen eine erstaunlich hohe Anzahl von Personen auch in Deutschland nicht oder nicht ausreichend geimpft sind, besteht die Notwendigkeit vor und während der Schwangerschaft den Immunstatus der Mütter zu überprüfen und Infektionen möglichst frühzeitig zu erkennen oder auszuschließen.

Diagnosemethoden

Heute werden in der Regel serologische und molekularbiologische Verfahren eingesetzt. Häufig kommen Teste zur spezifischen Antikörperbestimmung wie z.B. ELISA-, Immunoblot-Verfahren oder auch Aviditätsbestimmungen der IgG-Antikörper zum Einsatz. Je nach Fragestellung werden die Bestimmungen auch durch molekularbiologische Nukleinsäuretestung (NAT, PCR) oder kulturelle Verfahren (z.B. bei B-Streptokokken) ergänzt.

Relevante Infektionskrankheiten während einer Schwangerschaft

In der Mutterschutzrichtlinie sind eine Reihe wichtiger Infektionskrankheiten und -erreger benannt, die im Rahmen der Schwangerschaftsbetreuung vorsorglich untersucht werden sollen.
Dazu zählen Röteln (Rubella Virus), Lues (Treponema pallidum) , HIV, Hepatitis B, Windpocken (Varizella Zoster Virus, VZV) und Chlamydia trachomatis.
Weitere schwangerschaftsrelevante Infektionskrankheiten sind Zytomegalie (CMV), Ringelröteln (Parvovirus B 19), Toxoplasmose (Toxoplasma gondii) und sexuell-übertragbare Erkrankungen, die in den Mutterschaftsrichtlinien nicht explizit genannt werden.
Generell sind Untersuchungen auf folgende Erreger/Erkrankungen bei geplanter oder bei bestehender Schwangerschaft empfehlenswert:

  • Röteln
  • Toxoplasmose
  • Windpocken (Varizella-Zoster)
  • Ringelröteln (Parvovirus B19)
  • Zytomegalie CMV
  • Herpes simplex HSV
  • Hepatitis B-Virus
  • Gonorrhoe (N. gonorrhoeae)
  • Syphilis (Lues, T. pallidum)
  • HIV
  • Chlamydia trachomatis
  • Mycoplasma hominis
  • Hepatitis C-Virus
  • Keuchhusten (Bordetella pertussis)
  • B-Streptokokken (vor der Geburt)

Bei Infektionskrankheiten wie Zytomegalie, Toxoplasmose oder auch Ringelröteln fehlen häufig typische klinische Symptome, so dass man generell davon ausgehen muss, dass sich eine bestehende oder durchgemachte Erkrankung nicht klinisch bemerkbar macht bzw. gemacht hat.
Unter dem Begriff der TORCH-Serologie (von engl. Toxoplasma, Others (z.B. Lues, Parvo B19, VZV, Listerien), Rubella, CMV, HSV) werden Antikörperbestimmungen gegen Lues, Röteln, CMV, Toxoplasmose, HSV und Parvovirus B 19 zusammengefasst. Für Infektionskrankheiten während einer Schwangerschaft ist nicht nur der Ausschluss einer frischen Infektion wichtig, sondern auch die Feststellung des Infektionszeitpunkt, da das Risiko für eine intrauterine Fruchtschädigung sowie deren Ausmaß unter anderem auch vom Infektionszeitpunkt beeinflusst werden kann.
Bei speziellen Fragestellungen kann die Suche gelegentlich um seltenere Infektionskrankheiten wie zum Beispiel LCM-Virus ergänzt werden. Aber auch klassische Kinderkrankheiten wie Masern, oder Mumps  und durch Nahrungsmittel übertragbare Erkrankungen (Listeriose) müssen ggf. abgeklärt werden.
Wichtig ist auch die Herkunft, bzw. ein Aufenthalt der Schwangeren in unterschiedlichen Teilen der Welt, da hier unterschiedliche Impfstrategien implementiert sind und auch das Erregerspektrum gänzlich anders sein kann. Man denke nur an die Malaria oder spezielle Tropenviren.

Streptokokken der Gruppe B (Streptococcus agalactiae) sind eine der häufigsten Ursachen für schwere Infektionen des Neugeborenen. Diese Erkrankungen sind in vielen Fällen vermeidbar, wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Daher empfehlen die medizinischen Fachgesellschaften eine Untersuchung der Mutter auf B-Streptokokken gegen Ende der Schwangerschaft. B-Streptokokken sind Bakterien, die bei einem Großteil der Menschen als Bestandteil der normalen Haut- und Schleimhautflora vorkommen. Etwa bei 10–30 % aller Schwangeren kann man B-Streptokokken in der Scheide oder im Darm nachweisen. Die Bakterien sind ein Teil der normalen Flora und stellen für die Mutter in der Regel keine Gefahr dar. Eine Therapie während der Schwangerschaft ist daher normalerweise nicht erforderlich. Eine Gefahr für das Kind besteht lediglich während der Geburt. Das Kind erwirbt die Bakterien in der Regel bei der Geburt und zwar beim Durchtritt durch den Geburtskanal. Wenn die Bakterien auf das Neugeborene übertragen werden, kann es zu schweren und unter Umständen tödlich verlaufenden Erkrankungen wie Sepsis (Blutvergiftung) oder Meningitis (Hirnhautentzündung) kommen. Durch eine einfache mikrobiologische Untersuchung kann am Ende der Schwangerschaft festgestellt werden, ob eine Schwangere mit B-Streptokokken besiedelt ist. Hierzu entnimmt der behandelnde Arzt einen Abstrich aus der Scheide und dem Enddarm. Da sich die mikrobielle Besiedelung im Laufe der Zeit ändern kann, sollte die Untersuchung nahe am Geburtstermin, etwa in der 35.–37. Woche, durchgeführt werden. Wenn B-Streptokokken nachgewiesen werden, kann man durch entsprechende Maßnahmen während der Geburt (zum Beispiel die – meist einmalige – Gabe von Penicillin oder eines anderen Antibiotikums) eine Infektion des Neugeborenen in den meisten Fällen verhindern.