Genetische Beratung
In der Pränatal- und Reproduktionsmedizin spielt die genetische Beratung eine wichtige Rolle. Sie wird von Fachärzten für Humangenetik oder Ärzten mit der Zusatzbezeichnung 'Medizinische Genetik' ausgeführt. Für sogenannte 'Genetische Basisberatungen laut Gendiagnostikgesetz (GenDG)' können sich auch Ärzte anderer Fachrichtungen qualifizieren, beispielsweise Frauenärzte.
Eine genetische Beratung in der Schwangerschaft kann in verschiedenen Situationen sinnvoll sein, beispielsweise
- bei der Abwägung, ob die Frau sich für eine Fruchtwasseruntersuchung oder für andere Untersuchungsmethoden entscheidet.
- nach auffälligen Befunden in der vorgeburtlichen Diagnostik - hier wird sich der Humangenetiker besonders eng mit den Pränatalmedizinern abstimmen.
- für die Bewertung von äußeren Einwirkungen während der Schwangerschaft wie etwa Medikamente, Röntgenuntersuchungen, Erkrankung oder Alkoholkonsum. Hierfür sind humangenetische Berater speziell ausgebildet.
- um die Frage zu beantworten, ob das erwartete Kind in einem Wiederholungsrisiko für in der Verwandtschaft aufgetretene Erkrankungen steht.
In der Reproduktionsmedizin fällt dem genetischen Berater die Rolle zu, das Paar über etwaige spezielle Risiken für angeborene Krankheiten bei ihrem gewünschten Kind zu informieren. Neben der Vermittlung allgemeiner Erfahrungswerte zu den genetischen Risikomomenten einer IVF oder ICSI spielt die Bewertung der individuellen Ausgangssituation der Patienten eine zentrale Rolle.
So beruhen Störungen vor allem der männlichen Fruchtbarkeit nicht selten auf Anomalien der Chromosomen oder auf anderen Defekten im Erbgut. Neben der gezielten Aufdeckung einer solchen genetischen Ursache durch entsprechende Untersuchungsverfahren, geht es zentral um die Frage, welche Relevanz ein solcher Befund für die anstehende Kinderwunschbehandlung hat. Zeichnet sich beispielsweise ab, dass die Erfolgschancen einer IVF oder ICSI durch eine Chromosomenstörung des Mannes deutlich gemindert werden, so kann über einen Therapieverzicht, aber auch über gegensteuernde Maßnahmen bis hin zu einer Präimplantationsdiagnostik (genetische Untersuchungen am Embryo) nachgedacht werden.
Ziel einer genetischen Beratung ist, Patienten ihre Situation transparent zu machen und ihnen informierte Entscheidungen zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Humangenetiker fundierte fachliche Kenntnisse besitzen, aber auch über gute kommunikative Fähigkeiten verfügen. Humangenetische Beratungen erfordern einen Zeitaufwand, der deutlich über den anderer ärztlicher Gesprächssituationen hinausgeht.
Abgeschlossen wird eine humangenetische Beratung stets mit einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme, dem sogenannten genetischen Gutachten. Dieses dient sowohl der Information des zuweisenden Arztes wie auch als Zusammenfassung und Erinnerungshilfe für die Patienten.
Humangenetische Beratungen stellen eine Regelleistung der Gesetzlichen Krankenkassen dar. Auch die privaten Krankenversicherer kommen in der Regel für die Kosten auf.