Komplexe, extrakorporale Verfahren

Diesen Verfahren ist gemeinsam, dass zunächst eine hormonelle Stimulation der Eierstöcke zwecks Erhalt mehrerer Eizellen erfolgt, die Eizellen durch Punktion der Eibläschen gewonnen werden und sodann die Eizellen außerhalb des Körpers (extrakorporal) durch die Samenzellen befruchtet werden. Die weitere Zellteilung und die Fortentwicklung des Embryos wird beobachtet und dieser mit einem dünnen Katheter in die Gebärmutterhöhle verbracht (Embryotransfer). Die Befruchtung der Eizelle und die Entwicklung des frühen Embryo erfolgen in einem Laborschälchen unter einem Tropfen Nährflüssigkeit. Die Zell- und  Embryokultur erfolgt in der kontrollierten Atmosphäre eines Brutschrankes.

Konventionelle In-Vitro-Fertilisation (IVF)

Die IVF mit Embryotransfer wurde als erste extrakorporale Methode entwickelt und führte durch Robert Edwards und Patrick Steptoe 1978 in Cambridge, England, zur Geburt eines gesunden Mädchens. Erstmals war man durch die IVF mit Transfer eines Embryos in die Gebärmutter in der Lage bei nicht operablen Eileiterproblemen (Eileiterverschluss nach Entzündungen, Fehlen der Eileiter durch Operation) ungewollte Kinderlosigkeit zu überwinden (Eileiter bedingte Sterilität).

Bei der IVF werden unter einem kleinen Tropfen Nährlösung aufbereitete Samenzellen mittels einer Pipette zur Eizelle gebracht. Die Samenzellen lagern sich, wie bei der natürlichen Befruchtung im Eileiter auch, der Hülle der Eizelle an. Eine der Samenzellen dringt selbständig in die Eizelle ein. Das Eindingen anderer Samenzellen wird von der Eizelle geblockt. Dieser Mechanismus gewährleistet, dass in der Eizelle sich jeweils nur das Kernmaterial einer Samenzelle, die Erbinformation des Vaters (väterliches Genom), mit dem Kernmaterial der Eizelle, der Erbinformation der Mutter (mütterliches Genom) zur Erbinformation neuen Lebens (Genom des Embryo) formieren. Dieser Prozess dauert einige Stunden und lauft in Form kaskadenartiger Schritte autonom in der Eizelle ab. Sobald sich in der Eizelle das Genom des Embryo formiert hat, spricht man auch juristisch von einem Embryo. Dieser Embryo entwickelt sich sodann durch Zellteilungen weiter fort, indem sich zunächst ein 2-Zell-Embryo bildet aus dem bei gleichförmiger Teilung ein 4-Zell-Embryo, dann ein 8-Zell-Embryo usw. entsteht. In jeder dieser Zellen befindet sich ein Kern, der jeweils die komplette Erbinformation (Gene) enthält.

Indikationen (Heilanzeigen) der IVF

  • Eileiterverschluss / Eileiterfunktionsstörung
  • Leichte männliche Fruchtbarkeitsstörungen
  • Erfolglose intrauterine Inseminationen (IUI)
  • Endometriose von hinreichender Bedeutung
  • Unerklärbare (idiopathische) Unfruchtbarkeit

IVF: Verfahren um bei nicht operablen Eileitern chancenreich eigene Kinder zu bekommen. Voraussetzung sind mehrere Eizellen und gute Samenqualität um ein Befruchtungsversagen zu vermeiden. Die Samenzelle dringt selbständig in die Eizelle ein. Auch der Befruchtungsvorgang selbst läuft autonom und völlig natürlich ab.

Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)

Die ICSI wurde als erfolgreiches Verfahren erstmals 1992 in der Fachliteratur durch G. Palermo et al. von der „Freien Universität Brüssel“ veröffentlicht. Dieses nach der IVF zweite bahnbrechende Verfahren ermöglichte es nunmehr auch Paaren mit ursächlich schwerer männlicher Fruchtbarkeitsstörung zu genetisch eigenen Kindern zu verhelfen.

Bei der ICSI wird in das Cytoplasma der Eizelle, die Zelle ausfüllende Grundsubstanz, ein Spermium mittels einer dünnen Kapillare injiziert. Weil die Eizelle und die Samenzelle klein sind, erfolgt die Injektion mit einem speziellen Mikroskop bei sehr hoher Vergrößerung. Unter dem Mikroskop befindet sich ein Schälchen in dem sich mehrere Tropfen Nährflüssigkeit befinden. In einem Tropfen sind die Samenzellen und in den anderen Tropfen die Eizellen vorbereitet. Die kugelige Eizelle wird mit einer an ihrem Ende rund geschliffenen Kapillare angesaugt und auf diese Weise festgehalten (Haltekapillare). Mit einer zweiten, viel dünneren und am Ende spitzen Kapillare wird ein einzelnes Spermium aus dem Spermientropfen ausgewählt und in den spitzennahen Bereich der Kapillare aufgezogen. Nun wird diese Kapillare mit dem Spermium in den Tropfen mit der festgehaltenen Eizelle geführt. Genau gegenüber der Haltekapillare wird am Äquator der Eizelle das Spermium in das Cytoplasma injiziert. Die spitze Kapillare mit dem Spermium (Injektionskapillare) durchdringt zunächst die äußere, dicke Hülle der Eizelle (Zona pellucida) und sodann eine innere, dünne Membran, die das Cytoplasma umgibt (Oolemma). Nachdem das Spermium in die Eizelle entlassen wurde, wird die Injektionskapillare aus der Eizelle zurückgezogen und auch die Haltekapillare entfernt. Die durch ICSI mit dem Spermium versehene Eizelle kommt nun in den Inkubator. Alle weiteren Schritte des eigentlichen Befruchtungsvorganges laufen sodann autonom und von jeglicher Manipulation unbeeinflusst in überwachter und geschützter Atmosphäre natürlich ab.

Indikationen (Heilanzeigen) der ICSI 

  • Schwere Formen der männlichen Fruchtbarkeitsstörungen
  • Ausbleibende oder unzureichende Befruchtung nach IVF

Außerdem bei 

  • Erhalt sehr weniger Eizellen (Vermeiden eines Befruchtungsversagens)
  • Beeinträchtigung der Eizellenreserve (Optimierung der Erfolgschance)

ICSI: einziges Verfahren um bei schweren männlichen Fruchtbarkeitsstörungen eigene Kinder zu bekommen. Voraussetzung sind einige (wenige), befruchtungsfähige Samenzellen. Nach Injektion einer Samenzelle in eine Eizelle läuft der Befruchtungsvorgang autonom und natürlich ab.

Behandlung mit Hormonen bei IVF und ICSI

Hormonelle Stimulation zum Wachstum mehrerer Eibläschen 

Bei den extrakorporalen Verfahren (IVF und ICSI) sind mehrere Eizellen für den Befruchtungsversuch erwünscht um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Das ist insbesondere bei der IVF von Bedeutung, weil die Samenzellen selbständig in die Eizellen eindringen müssen. Für das Wachstum mehrerer Eibläschen werden meistens die Hormone eingesetzt, die auch im natürlich ablaufenden Zyklus die Eibläschen stimulieren. Diese sind das Follikel-stimulierende-Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH). In einigen Fällen verwendet man Clomifen-Citrat, das am Hypothalamus wirkt und über die Hypophyse zur körpereigenen FSH und LH Ausschüttung führt.

Hormonelle Stimulation zur Reifung der Eibläschen und der Eizellen

Um die Reifung der Eibläschen und der Eizellen sicherzustellen sowie den Zeitpunkt der Eizellentnahme festzulegen wird meistens humanes Choriongonadotropin (hCG) verwendet. HCG besitzt die Wirkung des natürlichen LH. Dazu werden 36 Stunden vor der Follikelpunktion 5.000-10.000 Einheiten hCG verabreicht.

Reifung der Eizelle – „befruchtungsfähige Eizelle“ – imprägnierte Eizelle

Im Rahmen regulärer Befruchtungsvorgänge, müssen die Ei- und Samenzelle zunächst genetische Reifungsprozesse durchlaufen. Sichtbares Zeichen einer lichtmikroskopisch als „befruchtungsfähig“ bezeichneten Eizelle ist ein kleiner Polkörper, der sich in dem spaltförmigen Raum zwischen der äußeren Eizellenmembran, der Zona pellucida, und einer inneren, das Cytoplasma umhüllenden Membran, dem Oolemma, befindet. Der Polkörper wird von der Eizelle in den Spalt ausgestoßen. Zuvor werden unter dem Einfluss des luteinisierenden Hormons von gesamt 46 Chromosomen in der Eizelle zur Hälfte 23 Chromosomen auf die Eizelle und 23 Chromosomen auf den Polkörper aufgeteilt. Prozesse mit Reduktion der Chromosomenzahl durchläuft auch die Samenzelle, die sodann ebenfalls 23 Chromosomen besitzt. Nach der Penetration der Samenzelle in die Eizelle befinden sich in der nun imprägnierten Eizelle gesamt wieder 46 Chromosomen. Davon stammen 23 Chromosomen von der Mutter und 23 Chromosomen vom Vater, einschließlich zweier Geschlechtschromosomen (ein mütterliches X-Chromosom und ein väterliches X- oder Y-Chromosom).

Suppression der körpereigenen Gonadotropine (FSH und LH)

Das im Gehirn gebildete Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) bewirkt, dass in der Hypophyse die Gonadotropine FSH und LH gebildet werden, die von dieser zur Stimulation der Eierstöcke in die Blutbahn freigesetzt werden. Dem gegenüber bewirken die medikamentös hergestellten „GnRH-Analoga“ eine Blockade (Suppression) der FSH und der LH Produktion in den Zellen der Hypophyse indem sie dort zu einer Abnahme von GnRH-Rezeptoren führen. Dieses Phänomen wird als „Rezeptor-Down-Regulation“ bezeichnet.

Diese GnRH-Analoga werden eingesetzt um die körpereigene Bildung des FSH und LH zu unterbinden. Der Vorteil ist, dass die Eierstöcke, weitgehend unbeeinflusst vom eigenen FSH und LH, durch nun von außen zugeführtes FSH und LH gezielt stimuliert werden können. Die GnRH-Analoga ermöglichen während der Stimulationsphase eine  zeitgleiche Reifung von mehreren Follikeln, sie verhindern einen vorzeitigen Anstieg des körpereigenen LH und die unerwünschte Ovulation vor der Eizellenetnahme. Durch die GnRH-Analoga ist die Stimulation gut steuerbar und kann der Zeitpunkt der Eizellenentnahme genau definiert werden. Vergleichbare Effekte haben die sog. „GnRH-Antagonisten“. Die GnRH-Analoga (in Form von Nasenspray oder Injektionen) werden sowohl bei dem „Langen Behandlungsprotokoll“ als auch bei dem „Kurzen Behandlungsprotokoll“ eingesetzt, die GnRH-Antagonisten (in Form von Injektionen) beim „Kurzen Behandlungsprotokoll“.

Medikamente bei IVF und ICSI – Protokollen

Suppression der Hypophyse (FSH und LH)

  • Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonist
  • Gonadotropin-Releasing-Hormon-Antagonist

Stimulation der Follikel in den Eierstöcken

  • Follikelstimulierendes Hormon (FSH)
  • Luteinisierendes Hormon (LH)
  • Humanes Choriongonadotropin (hCG)

Ferner 

  • Clomifen-Citrat (Stimulation der Follikel in den Eierstöcken)
  • Progesteron und Östradiol (Unterstützung in der Gelbkörperphase)

Follikelpunktion – Eizellenentnahme

Die Eizellentnahme erfolgt durch die Follikelpunktion. Dabei handelt es sich um einen ambulanten, wenige Minuten dauernden Eingriff, der im Operationsraum durchgeführt wird. Der Eingriff erfolgt in Maskennarkose durch Fachärzte für Anästhesie. Unmittelbar nach der Punktion ist man wach und es wird noch die Herz-Kreislauffunktion überwacht. Danach ruht man 3 Stunden und kann nach abschließender Ultraschalluntersuchung in der Begleitung seines Partners wieder nach Hause.

Die Eizellen werden mit Hilfe einer Ultraschallsonde entnommen. Unter Sicht auf dem Bildschirm führt der Operateur die auf der Ultraschallsonde in einer Führungshülse laufende dünne Hohlnadel seitlich durch die Scheidenhaut. Dieser unmittelbar anliegend befindet sich im Eierstock das anvisierte Eibläschen. Die Nadel durchdringt sodann die Wand des Eibläschens, das eine kleine Kugel mit einem Durchmesser von ca. 2cm darstellt. In dem Eibläschen befindet sich Flüssigkeit (Follikelflüssigkeit) und an seiner Wand ein kleiner lockerer Zellkomplex in den die kleine Eizelle eingebettet ist. Die Punktionsnadel ist an ihrem anderen Ende über einen dünnen Schlauch mit einem Laborröhrchen verbunden, das einen dosierten Sog von einer Aspirationspumpe bezieht. Der Sog der Pumpe zieht die Flüssigkeit mit der Eizelle in das Laborröhrchen. Sofort wird im Labor unter einem Mikroskop die Eizelle aus der Follikelflüssigkeit aufgenommen, in ein Schälchen mit Nährlösung verbracht und in die geschützte Atmosphäre eines Brutschrankes gestellt. Für eine  erfolgreiche, wenig belastende und beschwerdefreie Behandlung sind 6-8 Eizellen ideal.

Follikelpunktion: für eine erfolgreiche, wenig belastende und beschwerdefreie Behandlung sind 6-8 Eizellen ideal.

Embryotransfer in die Gebärmutter (ET)

Unter dem Embryotransfer versteht man das Verbringen eines Embryos direkt in die Gebärmutterhöhle an den Ort seiner natürlichen Einnistung. Dazu verwendet man einen sehr dünnen Transferkatheter, der vorsichtig durch den Gebärmutterhalskanal geführt wird. Der Embryotransfer ist schmerzfrei und wird ohne Narkose durchgeführt.

Die Anwesenheit des Kinderwunschpartners ist uns ausdrücklich lieb. Der für das Paar besondere Moment verläuft in einer der Situation angepassten, ruhigen Atmosphäre. Nach dem Embryotransfer hält man eine 30minütige Ruhezeit ein. Der Arzt teilt das Ergebnis über die Befruchtung und Embryoqualität mit und erklärt Verhaltensmaßnahmen. Der Ergebnistest ist 12 Tage später.

Zeit nach dem Embryotransfer bis zum Ergebnis

Die Zeit bis zum Schwangerschaftstest ist immer aufregend. Es kreisen die Gedanken ob die Behandlung erfolgreich sein würde. Viele möchten in der Wartezeit aktiv zum Erfolg beitragen. Das ist auch möglich. Für Seele und Körper wäre nun eine kurze Auszeit gut. Wer kann, soll sich Ruhe zu Hause oder einen nicht entfernten Kurzurlaub gönnen.

Tipps für die Zeit bis zum Schwangerschaftstest

  • Entspannen, ablenken, nicht weit entfernter Kurzurlaub
  • Reichlich Flüssigkeitszufuhr (ca. 2-3 Liter über den Tag)
  • Leichte, bekömmliche Speisen (blähende Kost meiden)
  • Für weichen Stuhlgang sorgen (z.B. Sauermilchprodukte)
  • Keinen Verkehr (Gefahr der Stieldrehung der Eierstöcke)
  • Körperliche Schonung – jedoch Bewegung (Spaziergänge)
  • Keinen Sport mit hohem Verletzungsrisiko (z.B. Schifahren) 
  • Keine anstrengende Reise (kein Einwand bzgl. Kurzflüge)
  • Baden und duschen sind ohne jegliche Einschränkungen
  • Keine Einwände gegenüber einem geübten Saunabesuch

Wie viele Embryonen dürfen transferiert werden?

Das Deutsche Gesetz zum Schutz von Embryonen (ESchG) verbietet es unter Strafe mehr als drei Embryonen pro Behandlungszyklus zu transferieren um für Mutter und Kinder risikoreiche Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden.

Wie viele Embryonen sollen transferiert werden?

Die aktuelle Richtlinie der Bundesärztekammer empfiehlt bei Frauen unter 35 Jahren aus denselben Gründen nicht mehr als zwei Embryonen zu transferieren. Sofern ein Kinderwunschpaar gegen ärztlichen Rat den Transfer von drei Embryonen wünscht, wäre dieses rechtlich zulässig.

Es ist immer riskant drei Embryonen zu transferieren. Man kann schlicht nicht vorhersagen, ob eine Schwangerschaft mit drei oder gar mehr Kindern resultiert. Drillinge werden sehr oft vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren und drohen sodann erhebliche gesundheitliche Gefahren. Selbst nach Transfer von zwei Embryonen können - wenn auch selten - höhergradige Mehrlinge (dann meist Drillinge) entstehen.

Auch Schwangerschaften mit Zwillingen können für die Gesundheit der Mutter und Kinder risikoreich sein. Wir selbst transferieren maximal zwei Embryonen und praktizieren bei Frauen unter 35 Jahren sehr erfolgreich den Transfer von nur einem Embryo („Single-Embryo-Transfer“).

Der Transfer von drei Embryonen ist wegen der potentiellen Gefahren bei Drillingen riskant. Das Deutsche Gesetz zum Schutz von Embryonen (ESchG) verbietet den Transfer von mehr als drei Embryonen.

Richtlinie der Ärztekammer empfiehlt bei Frauen unter 35 Jahren nicht mehr als zwei Embryonen zu transferieren.

„Single – Embryo – Transfer (SET)“

Unter dem „Single-Embryo-Transfer“ versteht man den geplanten Transfer von nur einem Embryo. Das Konzept hat zum Ziel die risikoreichen Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden ohne grundsätzlich die Aussicht auf ein Kind zu mindern. 

Mehrlingsschwangerschaften, also bereits Zwillinge, haben ein hohes Risiko in Bezug auf die Gesundheit der Mutter und der Kinder, ferner für angeborene Fehlbildungen sowie für soziale und ökonomische Langzeitprobleme. Durch einen Transfer mit mehreren Embryonen werden solche Probleme als Preis für eine höhere Erfolgschance in Kauf genommen. Weil viele Paare diese Risiken nicht kennen, sind vielen auch Mehrlinge willkommen. Deshalb ist eine Aufklärung über die Risiken immer erforderlich.

Die Erfolgschance nach Transfer von nur einem Embryo ist verständlicherweise geringer als jene nach Transfer von zwei Embryonen. Junge Frauen haben grundsätzlich eine hohe Wahrscheinlichkeit bereits in ihrem ersten Versuch erfolgreich zu sein. Allerdings ist nach Transfer von mehreren Embryonen deren Mehrlingsrisiko ebenfalls hoch. Viele junge Frauen mit Mehrlingen wären auch nach Transfer mit nur einem Embryo erfolgreich geworden. Es sind daher in erster Linie die jungen Frauen, denen man den „Single-Embryo-Transfer“ empfehlen sollte.

Indikationen (Heilanzeigen) des SET 

  • Frauen mit grundsätzlich hoher Erfolgschance (z.B. Frauen unter 35 Jahren)
  • Frauen mit Risiko für Probleme in der Schwangerschaft (z.B. Bluthochdruck)
  • Frauen mit Risiko für Probleme unter der Geburt (z.B. Gebärmutteroperation)
  • Risiko für nicht einschätzbares kindliches Handikap (z.B. genetisches Risiko)
  • Paare, die nur ein Kind wollen; Paare, die ein Kind mit einem Handikap haben 

SET: Vermeiden von Mehrlingsschwangerschaften ohne grundsätzlich die Aussicht auf ein Kind zu vermindern. In erster Linie bei jungen Frauen mit hoher Erfolgschance und Fällen in denen Zwillinge zu risikoreich wären.

Testikuläre Spermienextraktion (TESE) und Mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration (MESA)

Bei männlicher Unfruchtbarkeit mit völligem Fehlen beweglicher Samenzellen in der Samenflüssigkeit kann unter Voraussetzungen versucht werden Samenzellen entweder aus dem Hoden (Testiculus, lateinisch) oder aus dem Nebenhoden (Epididymis, altgriechisch) operativ zu gewinnen. Vor einer Operation muss man einschätzen, ob mit einer guten Wahrscheinlichkeit Samenzellen aufzufinden sein werden. Wäre das Risiko zu groß keine beweglichen Samenzellen zu erhalten, kann diese Frage vorab durch eine diagnostische Probennahme aus den Hoden besser beantwortet werden. Die Proben sind sehr klein, sodass das Hodenvolumen dadurch nicht merklich verkleinert und auch die Testosteronproduktion der Hoden nicht vermindert wird. Bei einer guten anästhesiologischen Versorgung braucht man keine Schmerzen zu ertragen.

Hodenproben mit einer ausreichenden Anzahl von Samenzellen sowie Samenzellen aus dem Nebenhoden können eingefroren werden um zu einem späteren Zeitpunkt für eine Befruchtung der Eizellen verwendet zu werden.

Die Anzahl der operativ gewonnenen, beweglichen Samenzellen ist meist nicht groß, sodass sie für eine intrauterine Insemination (IUI) nicht in Frage kommen. Um ein Befruchtungsversagen der Eizellen möglichst zu vermeiden, werden ausgewählte Samenzellen unter dem Mikroskop durch die intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) direkt in die Eizellen verbracht. Bei der Frau werden nach hormoneller Stimulation mehrere Eizellen durch die Follikelpunktion gewonnen.

Sowohl bei einer Gewinnung von Samenzellen aus den Hoden (TESE) als auch aus den Nebenhoden (MESA) sind nach unserer Erfahrung die Erfolgsraten vergleichbar gut mit den Erfolgsraten nach IVF oder ICSI mit Samenzellen aus der natürlichen Samenflüssigkeit.

Weil in Fällen mit hochgradiger Verminderung oder gar Fehlen von Samenzellen in der Samenflüssigkeit genetische Faktoren präsent sein können, die möglicherweise Bedeutung für die Gesundheit des Kindes haben können, ist eine genetische Beratung im Vorfeld der Kinderwunschbehandlung aus unserer Sicht unerlässlich. Daher überweisen wir beide Kinderwunschpartner zu einem Facharzt für Humangenetik, dem es sodann obliegt über eine Empfehlung zu einer genetische Untersuchung zu entscheiden. Die Kosten für solche Untersuchungen werden von Krankenkassen und Versicherungen übernommen.

Indikationen (Heilanzeigen) der operativen Samenzellengewinnung

  • Keine Samenzellen in der Samenflüssigkeit aufgrund angeborenen Fehlens der ableitenden Samenwege
  • Keine Samenzellen in der Samenflüssigkeit nach nicht korrigierbaren definitiv sterilisierenden Maßnahmen
  • Keine Samenzellen, nicht bewegliche oder extrem wenig bewegliche Samenzellen in der Samenflüssigkeit nach Organschädigung (Infektionen mit Beteiligung der Samenwege, der Nebenhoden und der Hoden, Schädigung des Hodengewebes infolge Druck, Temperatur, Verletzungen, toxische Substanzen, Medikamente etc.)
  • Keine Samenzellen in der Samenflüssigkeit mit genetischem Hintergrund (z.B. Klinefelter-Syndrom) 

Operative Samenzellengewinnung: Eine fachärztliche Abklärung durch den Urologen ist Voraussetzung. Eine humangenetische Beratung ist unerlässlich, weil bei hochgradiger Verminderung oder Fehlen von Samenzellen genetische Faktoren mit Gefahren für die Gesundheit des Kindes bestehen könnten.

Tieffrieren und Konservieren von Erbsubstanz (Hoden- / Eierstockgewebe, Samen- / Eizellen, imprägnierte Eizellen, Embryonen)

Die Kryokonservierung von Erbsubstanz ist tägliche Routine. Die kryokonservierte Lagerung erfolgt in flüssigem Stickstoff bei -196°C. Das Keimgewebe bleibt über lange Zeit in dem biologischen Zustand konserviert in dem es eingefroren wurde. Man nennt diesen Zustand „Biostase“ bei dem die biologische Zellprozesse sehr weitgehend angehalten werden. Nach dem Auftauen nehmen die Zellen ihre biologischen Abläufe und Funktionen wieder auf.

Bewahren der Fruchtbarkeit im Erkrankungsfall

Die Kryokonservierung macht es möglich zu einem späteren Zeitpunkt auf Erbsubstanz zurückzugreifen. Gründe für die Kryokonservierung ergeben sich wenn es wichtig ist, sich die Fruchtbarkeit zu erhalten. Solche Gründe wären Operationen an Hoden oder Eierstöcken, Medikamente mit schädigenden Nebenwirkungen auf die Fruchtbarkeit und Erbsubstanz, Erkrankungen mit guter Prognose aber langer Heilungsphase, Vorsorge für den Fall einer Erkrankung.

„Social Freezing“ – der andere Grund zur Vorsorge

Darüber hinaus können sich in sozialen und ökonomischen Situationen tragende Gründe ergeben, die zu einer späteren Kinderplanung veranlassen. Für Frauen in Sorge darüber älter zu werden und biologisch die Fruchtbarkeit einzubüßen, besteht die Möglichkeit der vorsorglichen Konservierung ihrer Eizellen. Das wird als „Social Freezing“ bezeichnet und ist in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit zu einem Thema geworden. Für eine gute Eizellenreserve werden die Eierstöcke hormonell entsprechend stimuliert. Die Eizellen werden durch Follikelpunktion gewonnen und kryokonserviert um später einmal durch Samenzellen des künftigen Partners extrakorporal befruchtet zu werden. Die Versicherungsträger tragen keine Kosten.

Beim „Social Freezing“ wäre aber zu bedenken, dass es grundsätzlich keine 100%ige Erfolgschance gibt. Insofern sollte man sich nicht in der trügerischen Sicherheit wähnen, dass eine Schwangerschaft später auch eintreten wird. Ferner sollte man wissen, dass eine späte Schwangerschaft mit erhöhten Risiken für Mutter und Kind verbunden ist (z.B. Bluthochdruck und Diabetes in der Schwangerschaft).

Kryokonservierung bei IVF und ICSI-Behandlung

Bei der IVF und ICSI werden meist mehrere Eizellen mit Samenzellen zusammengebracht. Im regulären Fall sind in den Zellen nach 16 Stunden zwei voneinander getrennte Kerne zu sehen. Diese repräsentieren die mütterliche und väterliche Erbsubstanz (Genom). Kurz darauf verschmelzen in der Eizelle beide Kerne und formieren das Genom des Embryos. Bereits die Eizelle mit verschmolzenen Kernen ist als Embryo definiert (Deutsches Gesetz zum Schutz von Embryonen, ESchG). Die Kryokonservierung von Embryonen ist rechtlich verboten, die Konservierung von Eizellen und von Eizellen mit noch getrennten Kernen (imprägnierte Eizellen) erlaubt. Eizellen, die für die Embryokultur nicht vorgesehen sind und konserviert werden, sind das Potential für eine spätere Schwangerschaft. Primärer Zweck der Kryokonservierung von Eizellen ist die Bildung einer Reserve für den Fall eines erfolglosen Behandlungsversuches. Auf diese Reserve kann erfolgreich zurückgegriffen werden und erübrigt sich dann ein neuer IVF/ICSI Versuch. Nach bereits erfolgreicher Behandlung und bei weiterem Kinderwunsch ergeben sich durch Verwendung kryokonservierter Eizellen weitere Chancen auf Erfolg. Nach nunmehr 30 Jahren erfolgreicher Kryokonservierung besteht weltweit kein Anhalt für eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung dieser Kinder sowie der heute Erwachsenen.

Indikationen zur Kryokonservierung 

  • Erhalt der Fruchtbarkeit (Fertilitätsvorsorge): Hoden- und Eierstockgewebe, Samen- und Eizellen
  • IVF und ICSI (Behandlungskonzept): Hodengewebe, Samen- /(imprägnierte) Eizellen, Embryonen
  • Heterologe Insemination: kryokonservierte Samenzellen (Infektionsschutz)  

Kryokonservierung und Recht

Die Kryokonservierung von Keimgewebe (Hoden, Eierstock) sowie von Keimzellen (Samenzellen, Eizellen) ist bei Verwendung zur eigenen Fertilitätsvorsorge rechtlich unbedenklich. Die Spende von Eizellen ist verboten. Die Spende von Samenzellen ist unter Voraussetzungen erlaubt. Allerdings hat das Kind das Recht seinen genetischen Vater zu erfahren. Imprägnierte Eizellen sind auf Wunsch auch nur eines genetischen Partners zu verwerfen. Embryonen dürfen nicht verworfen werden, auch wenn beide genetischen Partner dieses wünschten.